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Berichte

15.01.2010
Erinnerung an Václav Polák
von Michael Haug

Eine ungewöhnlich große Trauergemeinde versammelte sich am 11.1.2010 auf dem Friedhof St. Ottilien in Budweis (CZ) um Abschied zu nehmen von einer der bedeutendsten Persönlichkeiten des Naturschutzes in Südböhmen.
Vertreter aus dem Prager Umweltministerium, vom Biosphärenreservat Böhmerwald, von der Nationalparkverwaltung Šumava sowie eine Reihe von Vertretern der Umweltschutzorganisationen begleiteten Václav Polák auf seinem letzten Weg.
Der engagierte Natur- und Umweltschützer war 80 Jahre alt, als ihn kurz vor Weihnachten ein Schlaganfall ereilte, von dem er sich nicht mehr erholten sollte.
Er verstarb am 3. Januar 2010.
František Urban vom Prager Umweltministerium würdigte vonseiten der Behörden die Verdienste von Ing. Václav Polák. Er war mehrere Jahrzehnte an der Naturschutzverwaltung für Südböhmen tätig.
Für die Naturschutzorganisationen aus Oberösterreich und aus Bayern sprach Karl Zimmerhackl (Österreichische Naturschutzjugend), stellvertretend für die nationalen und internationalen NGOs einen Nachruf.
Das „Grüne Herz Europas“, die grenzüberschreitende Naturschutzorganisation „Nationalparkregion Donau-Moldau e.V.“ mit Vorstand Gerhard Nagl und dem Ehrenvorsitzenden Rudolf Sturm legten einen Kranz nieder. Der Bund Naturschutz in Bayern zeigte seine Anteilnahme mit einem Gesteck aus Naturmaterialien.
Kontakte zwischen bayerischen und böhmischen Naturschützern reichen weit zurück in die Vergangenheit. Schon zum Ende der 60er Jahre gab es intensive Gespräche.
Die Zeit des sogenannten Prager Frühlings wurde durch den Einmarsch von Truppen des Warschauer Paktes in die ČSSR auf dramatische und tragische Weise beendet; eine neue Eiszeit fiel über die neu aufgekeimten Hoffnungen auf ein großes, grenzüberschreitendes Schutzgebiet im Bayerischen und im Böhmerwald.
Die Vision, die damals erarbeitet worden war, das Projekt „Intersilva“, blieb aber eine dauerhafte Hoffnung, die freilich erst ein Vierteljahrhundert später Wirklichkeit werden sollte.
Erst die „Samtene Revolution“ in Böhmen im Jahr 1989 ebnete den Weg für die Verwirklichung diesen Traumes.
Václav Polák war damals schon kurz vor seiner Pensionierung, als der Nationalpark Šumava (Böhmerwald) begründet wurde und er hat die ersten Schritte für eine – nun offizielle – Zusammenarbeit miterlebt und aktiv mitgestaltet. Auch nach seiner Pensionierung blieb er der Naturschutzarbeit erhalten.
Václav Polák war ein besonders engagierter Mitarbeiter der Naturschutzverwaltung für Südböhmen.  Zu seinen Aufgaben gehörte auch die Betreuung der „Freiwilligen Naturschützer“, einer mitgliederstarken Organisation, die von den Fachleuten der Naturschutzbehörde geleitet und eingesetzt wurden. Zu den Aufgaben seiner Behörde gehörte auch der Denkmalschutz. Václav Polák vermittelte seine  umfassenden Kenntnisse über kulturelle und naturschutzfachliche Schätze Südböhmens gerne, wenn er danach gefragt wurde. Für viele Gruppen und Organisationen war er ein hilfsbereiter und kompetenter Ansprechpartner.
Als wir Anfang der 70er Jahre die Kreisgruppe FRG im Bund Naturschutz in Bayern e.V. gegründet haben, war es eines unserer Ziele, die Natur auf der anderen Seite der Grenze kennen zu lernen. Über mehr als zwei Jahrzehnte gehörte der Jahresausflug nach Böhmen zu den wichtigsten „highlights“ unserer Vortrags- und Exkursionsangebote.
Trotz der damals erheblichen Widrigkeiten mit der Beschaffung der Visa, Pflichtumtausch und Schikanen beim Grenzübertritt ist es uns damals gelungen, den Böhmerwald und die wertvollen Naturgebiete bis hinein ins heutige Biosphärenreservat Wittingauer Seengebiet umfassend kennen zu lernen. Auch die Kulturdenkmäler waren jeweils Teil des Exkursionsprogramms, das Václav Polák uns immer wieder zusammenstellte und auf böhmischer Seite organisierte. Er war nicht nur ein hervorragender Fachmann, sondern auch ein begabter Organisator. Bei dieser Zusammenarbeit in den 70er Jahren hat sich eine persönliche Freundschaft entwickelt, die weit über das fachliche hinaus ins Familiäre reichte.
Insbesondere die Kreisgruppe Freyung-Grafenau des BN i. B. schuldet Václav Polák tiefen Dank für viel Unterstützung und fachlichen Austausch. Noch wenige Wochen vor seinem Tod hat er mit seiner lieben Frau zusammen bei uns in Grafenau einen persönlichen Besuch gemacht und er hat das Grab von Ilse Müller besucht, einer unserer treuesten Mitglieder im BN, die 70 Jahre Mitgliedschaft im BN aufweisen konnte. Insbesondere ihr - meiner Schwiegermutter - war die Familie Polák in tiefer Freundschaft verbunden.
Václav Polák wirkte mit in der Arbeitsgruppe, die Anfang der 90er Jahre ein grenzüberschreitendes Konzept für eine nachhaltige, trilaterale Entwicklung der Region ausarbeitete, damals unter der Federführung des Bund Naturschutz. und der Leitung von Dieter Popp, des damaligen Beauftragten für Südbayern im BN.
Als dann im Hinblick auf die Umsetzung dieser Ziele ein trilateraler Verein, das „GRÜNE HERZ EUROPAS“, aus der Taufe gehoben wurde, war Václav Polák mit dabei als Gründungsmitglied und er übernahm auch den Vorsitz für die böhmische Sektion. Eineinhalb Jahrzehnte  hat er, zusammen mit Frau Professor Vlasta Kroupova den Verein auf der tschechischen Seite geführt und repräsentiert.
Sichtbarster Erfolg dieser Arbeit ist der Ausbau des Bahnhofs Bayerisch Eisenstein / Železna Ruda, wo im böhmischen Teil des Gebäudes eine internationale Tagungs- und Begegnungsstätte mit Übernachtungsmöglichkeit geschaffen werden konnte.
Erst in den letzten Jahren hat er sich aus gesundheitlichen Gründen etwas zurückgenommen, blieb aber der Naturschutzarbeit bis zuletzt erhalten.
Als gelernter Forstmann hat er die Entwicklung in den Nationalparken beiderseits der Grenze aufmerksam verfolgt und kritisch begleitet. Mit den Entscheidungen auf den Verzicht von Eingriffen und dem „Laufen lassen“ konnte er sich angesichts der dramatischen Veränderungen seines geliebten Böhmerwaldes freilich nicht identifizieren.
Wir verlieren mit Václav Polák einen engagierten und aufrechten Streiter für die Natur, dem wir sowohl auf österreichischen als auch auf der bayerischen Seite viel zu verdanken haben.
Bei einer eher privaten Zusammenkunft in den letzten Jahren haben wir festgestellt, dass unsere erste Begegnung nun schon 42 Jahre zurückliegt. Er war damals als Vertreter des tschechischen Naturschutzes beim Deutschen Naturschutztag in Straubing, bei dem das Thema Nationalpark noch heftig diskutiert wurde. Der „staatliche“ Naturschutz war seinerzeit von dieser Idee überhaupt nicht angetan.
 Auf einer zur Konferenz zugehörigen Exkursion ging es auf den Lusen. Bei diesem „Gipfeltreffen“ spielte der gewünschte Nationalpark wieder die entscheidende Rolle. Hubert Weinzierl war damals der engagierteste Streiter für die Verwirklichung dieser Idee, gemeinsam mit Kommunalpolitikern aus der Region, allen voran Karl Bayer.
Damals konnte noch keiner ahnen, dass der Park ein Jahr später (1969) einstimmig durch den Bayerischen Landtag beschlossen werden sollte, und dass ich die Ehre haben sollte, einer der ersten zu sein, die bei der Umsetzung der Idee eines ersten Nationalparks in Deutschland mitzuwirken.
Für mich wird Václav Polák als Pionier des Naturschutzes und als langjähriger Freund und Ansprechpartner dauerhaft in guter Erinnerung bleiben.